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Ausstellung + Workshop Radierung - Heinz Wallisch

 

 

Ansprache Dr. Michael Becker / Schulleitung wfk

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie ganz herzlich zu dieser Ausstellung mit druckgrafischen Arbeiten von Heinz Wallisch.

Seine Bilder zwingen den Betrachter, ernst genommen zu werden. Handwerkliche Akkuratesse und kompositorische Präsentationsarten machen dem Betrachter klar, dass es um mehr geht als um die bloße Abbildung von Landschaftsmotiven. Gerade in den Werken, in denen Darstellungskontraste zum Einsatz gebracht werden, scheint ein unprätentiöser vergleichender Zeigefinger zur Anwendung zu kommen, durch den Möglichkeit und Wirklichkeit in einen kritischen Zusammenhang gestellt werden. Machen wir uns diese Strategie an einigen Bildmotiven klar: Im Vordergrund erleben wir, aufgestellt wie ein Potemkinsches Dorf, die von hinten mit Brettern gestützten Fassaden der Frankfurter Altstadt, genannt Römer, während blass im Hintergrund die Hochhaustürme, dicht gedrängt und alles überragend und dominierend thronen, die ihrerseits nicht minder kulissenhaft anmuten. Hier wird nicht etwa das Gute gegen das Böse abgewogen. Dass beide Sphären als Kulissen präsentiert werden, stellt uns vielmehr das öffentliche Leben als bloßes Fassadentheater dar. Oder ein weiteres Bildmotiv: Durch eine kompositorische Bild-im-Bild-Strategie changiert das Landschaftserlebnis zwischen farbloser Monotonie und Trübheit und farbenfroher, lakonischer Landschaftsromantik hin und her, als Betrachter wohl ahnend, dass das eine wünschenswerter sein muss als das andere.

Interessant oder merkwürdig ist, dass manche Bilder sich dem künstlerischen Diktat, den Finger in die Wunde zu legen, strikt verweigern. So erlebt der Betrachter neben künstlerischen Kontrasten und Inszenierungen auch, man könnte sagen: bloße Ansichten von Landschaften oder Stadtmotiven, so als bräuchte der Betrachter auch einmal intellektuelle Erholung. Allerdings eignet auch diesen Bildern eine an einen Surrealismus z.B. eines de Chirico erinnernden Stils der Lakonie und Menschenleere. Insofern erhalten auch die eher unverdächtigen Bilder, da sie mit den philosophischeren Bildern ein Präsentationsensemble bilden, eine bedächtige philosophische Qualität.

Heinz Wallisch schafft eine sinnvolle Verbindung zwischen den drucktechnischen Möglichkeiten der motivischen Reproduktion durch vergleichende Vervielfältigung oder durch Transparenz erzeugende Überlagerungen und den künstlerisch-stilistischen Möglichkeiten des Vergleichens oder raumzeitlichen Verschmelzens. Nicht selten wird in weite, zunächst unverdächtige Landschaften vergleichend hineingezoomt, um auf kritischere Ansichten aufmerksam zu machen. Umgekehrt erscheinen manchmal aber auch die blassen Silhouetten in der verschwommenen Weite monströser und unnahbarer als die romantische und farbenfrohe Nahansicht.

In einigen Serien desselben Motivs scheinen durch gezielte farbliche Vereinseitigungen und Reduktionen alternative Ansichten und Zustände die Relativität unserer Existenz anzuklingen.

Wenn der Betrachter sich kritischen Bildern konfrontiert sieht, dann handelt es sich zum überwiegenden Anteil um Umweltthemen, spezieller um die Darstellung von Auswirkungen zivilisatorischer Umweltzerstörungen oder zumindest -belastungen. Dass Heinz Wallisch diese Bilder mit dem Label “Nachdenkliches” zusammenfasst, wirkt vom aktuellen Standpunkt aus gesehen wie eine Verharmlosung. Die große Frage in diesem Zusammenhang ist natürlich, inwieweit hier überhaupt künstlerische Verarbeitung und Ästhetik zusammenfinden können. Der künstlerische Modus Operandi von Heinz Wallisch möchte trotz der aktuellen Brisanz der Thematik nicht in Panik und Aktionismus verfallen. Er bleibt bei einem zeigenden, nicht ermahnenden Zeigefinger.

Andere Werkreihen sind deutlich apokrypher. In der Manier absurder Magrittscher Verschmelzungen oder serieller Ansichten desselben Gegenstandes oder bildhaften Herausbrechens von Bildern im Bild, sodann gemischter Ansichten von Abstraktem und Konkretem oder einfach nur von Farbtauschungen von erwarteter Lokalfarbigkeit wird der Betrachter deutungsmäßig eher in der Schwebe gelassen.

Alles in allem befindet sich der Betrachter in einem Panoptikum unterschiedlicher künstlerischer Verarbeitungsgrade. Ihm wird produktive Abwechslung bei gleichbleibender wiedererkennbarer Handschrift geboten.

Heinz Wallisch offeriert allen handwerklich Interessierten zwei Workshops an den kommenden beiden Wochenenden rund um das Thema Radierung. Angeboten wird der praktische Umgang mit Ätzradiertechniken, insbesondere Strichätzung, Aquatinta-Flächenätzung und Farbradierung. Ich wünsche Ihnen somit sowohl heute als auch zu den Workshops viel Spaß. Die Ausstellung sei hiermit offiziell eröffnet.

Vielen Dank!

M. Becker / Schulleitung wfk
Wiesbaden, den 17.02.2019

 



 

 

 

 

 

Wolfgang Becker